Ich möchte meditieren, aber wohin mit meinen Gedanken? (Gastbeitrag)

Nach vielen Monaten gibt es hier auf dem Blog mal wieder ein Update:

Mein geschätzter Freund und EFT-Kollege Martin Laschkolnig hat vor kurzen einige schöne Hinweise zur Meditation veröffentlicht und ich bin froh, dass er extra hier für den Blog eine erweiterte und übersetzte Version seines Textes zur Verfügung gestellt hat.

Hier kommen die Anregungen und Hinweise:

Ich möchte meditieren, aber wohin mit meinen Gedanken.
von Martin Laschkolnig

Mir wurde vor kurzem von jemandem die Frage gestellt, was sie tun könne, damit sie beim Meditieren ihren Geist klar kriegt. Nachdem ich diese Frage immer wieder in dieser oder ähnlicher Form höre, hier ein paar Hinweise:

Ich habe mittlerweile über 30 Jahre Erfahrung mit buddhistischer Meditation als Schüler, Praktizierender und auch Meditationslehrer und kann nur sagen, dass ich auch nach all der Zeit noch manchmal den Kopf nicht frei habe. Oder nicht nur manchmal … 😉

Und das ist eigentlich eine gute Sache - denn wenn der Geist „voll“ oder „beschäftigt“ ist, ist das nur Ausdruck einer extrem wichtigen Eigenschaft unseres Geistes – der Fähigkeit zu denken und kreativ zu sein. Die Frage ist nur, wer der Herr und wer der Diener ist. In unserer westlichen Gesellschaft neigen wir dazu, den Diener zum Herrn zu machen. Wir sind besessen vom Denken und Rationalisieren. Das Kunststück ist es, „Monkey Mind“ an die Kandare zu legen und ihn etwas einzubremsen, bevor er wieder mal mit Interpretationen, Sorgen und „Was-wäre-Wenn“-Spielchen durchgeht. Und Meditation ist eine fantastische Möglichkeit, dies zu tun. Es ist jedoch ein Missverständnis, dass Meditation deinen Geist unmittelbar beruhigen wird, oder dass du einen ruhigen Geist brauchst, um zu meditieren.

Foto: Dwinanda Nurhanif Mujito
Der Dalai Lama gab einst eine schöne Analogie darüber, wie Meditation sich entwickelt: Bevor die Menschen anfangen zu meditieren, ist es, als würden sie einen Wasserfall aus der Ferne beobachten - er wirkt ziemlich solide und unbeweglich. Wenn man dann beginnt zu meditieren, dann kommt man dem Wasserfall näher und erkennt, wie viel Bewegung eigentlich da ist. Zumeist sind wir uns ja gar nicht bewusst, wie viele, oft übereinander gelagerte Gedanken und Denkprozesse in unserem Geist ablaufen. Hast Du Dich nicht auch schon dabei ertappt, darüber nachzudenken, dass Du grade nicht drüber nachdenken solltest, dass Du nachdenkst? Sooo kreativ kann unser Geist sein. 😉

Und dann wirst Du ganz ungehalten und denkst, was das soll. Jetzt, da Du angefangen hast zu meditieren, treten irgendwie noch MEHR Gedanken auf? Dabei war doch alles, was Du wolltest, eine Pause von ihnen zu bekommen. Aber das geht vorüber, lass Dich davon BITTE nicht entmutigen - mach weiter, bleib dran.

Denn dann wird sich der Wasserfall in einen Gebirgsbach wandeln, in dem immer noch viel los ist, aber es wird schon viel ruhiger, als beim tosenden Wasserfall. Wenn Du dann weiter meditierst und dranbleibst, wandelt es sich weiter: der Geist wird wie ein großer Fluss, der sich sanft durch die Landschaft schlängelt, und schon recht ruhig ist. Aber Vorsicht, das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, auch wenn es sich schon ganz angenehm anfühlen mag. Wer da jetzt weitermacht, wird eine Meditation erfahren, die die Mitte des Ozeans ist, unbegrenzt in sich selbst ruhend, völlig unbekümmert, ob oben an der Oberfläche Wellen und Sturm herrschen, oder ob es windstill ist und die Sonne auf die Wasseroberfläche scheint. Wenn wir soweit sind, dass die äußeren Erscheinungen und unsere Gedanken darüber uns nicht mehr aus der Ruhe bringen, dann ruhen wir im echten inneren Frieden.

Deshalb wird in den östlichen Traditionen Meditation auch als "Praxis" bezeichnet. Im Tibetischen wird das Wort "gom" verwendet und das bedeutet, zu üben, zu trainieren. Weil du praktizierst, du übst, unabhängig davon, was vor sich geht. Du hast Gedanken? Keine Sorge, meditiere trotzdem. Du hast keine Gedanken? Richtig erkannt - meditiere ohnehin. 😉

Und auch wenn es den Anschein hat, dass du keine Fortschritte machst, mach dir auch darüber keine Sorgen, es verändert sich etwas. Oft merkt man das allerdings erst in der Rückschau, wie viel sich schon verändert hat. Bleib einfach dran. Meditation ist kein Wettkampf. Auch wenn Du Dich aufgewühlt fühlst und denkst, dass es jetzt sowieso keinen Sinn macht, sich hinzusetzen, setz Dich trotzdem hin. Es geht genauso viel um die Bildung einer Gewohnheit, wie es um die eigentliche Meditation geht.

Mittlerweile gibt es auch schon viele Studien zu den Vorteilen der Meditation. Diese umfassen nicht nur den mentalen Bereich, sondern sie wirkt sich auch günstig auf körperliche Prozesse aus.

Und wie macht man das jetzt praktisch? Wie meditierst man jetzt? 

Es gibt viele verschiedene Arten der Meditation. Eine der einfachsten und leichtesten Formen ist es, mal den Fokus auf den Atem zu richten. Setz dich wenn möglich mit geradem Rücken hin. Es kann auch praktisch sein, sich einen Timer zu stellen, wenn man das möchte. Denn anfangs geht es nicht so sehr um Ausdauer, sondern mehr um Regelmäßigkeit. Beobachte/konzentriere einfach deine Atmung, die an der Nase ein- und ausströmt. Du kannst auch die Atemzüge zählen, wenn du willst. Nach zehnmal Einatmen beginnst Du wieder von vorne. Verlierst Du Dich in Gedanken - was garantiert passieren wird - fängst Du auch wieder von vorne an. Und weißt Du was? Es spielt keine Rolle, ob Du Dich verzählst, den Faden verlierst oder Deine Gedanken herumschweifen. Überhaupt keine. Mach einfach weiter. Wie man so schön sagt, entspann dich, nichts ist unter Kontrolle.... 😉

Ich hoffe, das ist für einige hilfreich. Genieße es und gutes Sitzen .... 😊 🙏

Martin Laschkolnig

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